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Buchrezension: „Auf der Suche nach der verlorenen Kunst des Heilens“

Buchrezension: „Auf der Suche nach der verlorenen Kunst des Heilens“

Den Menschen als ganzheitliches Individuum zu erkennen und diesen auch so zu behandeln ist keine Leichtigkeit. Dies propagierte bereits Thure von Uexküll, der bis zu seinem Tod im Jahr 2004 immer wieder beklagt hat: Die Medizin ist streng getrennt in eine Medizin für Körper ohne Seelen und eine Medizin für Seelen ohne Körper. Uexküll war ein wichtiger Impulsgeber für eine psychosomatische Denkweise, die stets für die Etablierung einer Integrierten Medizin eintrat.

In Bernd Hontschik's Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Kunst des Heilens“ wird intensiv auf die geschilderte Problematik eingegangen. 

Erster Eindruck

Bereits der aussagekräftige Titel macht einen ersten Vorgeschmack auf die Lektüre dieses Buches. Beim ersten Durchblättern des Buches fällt die klare Strukturierung positiv auf, auch die farbliche Gesamtabstimmung ist sehr gelungen. Zahlreiche Fallbeispiele runden den Inhalt ab und ermöglichen ein rasches Verstehen der gelesenen Inhalte.

Inhalt

Eine Medizin, die sich moderne naturwissenschaftlich-technische Fortschritte zunutze macht, kann zu großen therapeutischen Erfolgen führen - besonders bei akuten Krankheiten. Das Paradigma einer rein naturwissenschaftlichen Medizin, kurz Schulmedizin genannt, greift hier aber zu kurz, denn es begreift den Menschen und seinen Organismus als eine triviale Ursache-Wirkungs-Maschine. Die Medizin ist jedoch keine reine Naturwissenschaft, sondern zieht sowohl aus den Naturwissenschaften als auch den Geisteswissenschaften Nutzen. Den immer komplexeren Behandlungssituationen, wie sie vor allem bei chronischen Erkrankungen auftreten, wird man nur mit einem umfassenderen Verständnis für die körperlichen, mentalen, seelischen und sozialen Reaktionen des Patienten und deren Wechselwirkungen gerecht.

Die Integrierte Medizin im Sinne von Thure von Uexküll sucht daher nicht nur nach Wegen, der subjektiven Welt des Patienten, d. h. seiner Geschichte, seiner Weltsicht, seinem persönlichen Krankheitsverständnis und seinen Ressourcen, in Diagnostik und Therapie einen entscheidenden Raum zu geben. Sie setzt gleichzeitig diese subjektive Welt in Bezug zu der des Arztes: zu dessen professionellen Fähigkeiten ebenso wie zu dessen theoretischer Orientierung und emotionalen Reaktionen in der Patientenkonfrontation.

Diese Integrierte Medizin nimmt als grundlegende Bausteine den Konstruktivismus als Haltung sowie die Zeichentheorie der Kommunikation und die Systemtheorie der verschiedenen Handlungsebenen zu Hilfe. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Begriff der Passung: Das Verstehen der Passung zwischen dem Menschen und seiner individuellen Welt lässt erst ein Verstehen der Passungsstörung zu, die sich dem Patienten und den Ärzten als Krankheit präsentiert. Und nur wenn auch in der Begegnung von Patient und Arzt eine Passung erreicht werden kann, lässt sich Humanmedizin verwirklichen.

Didaktik

Das Buch vereint auf 389 Seiten die wegweisenden Ansätze für eine solche Theorie der Integrierten Medizin mit Berichten über praktische Erfahrungen mit diesem Modell des Denkens und des Handelns.

Zielgruppe

Egal ob Studierender, Arzt in Ausbildung oder Facharzt, das Buch von Bernd Hontschik richtet sich an alle Mediziner und an der Medizin Interessierte. Eine konkrete Zielgruppe ist nicht festzustellen.

Fazit

"Auf der Suche nach der verlorenen Kunst des Heilens" ist eine exzellente Fundgrube für alle, die verstanden haben, dass Medizin etwas ganz anderes bedeutet als eine Reparaturwerkstatt für defekte Körper oder Seelen. Es wird gekonnt die Brücke zwischen Schulmedizin und Psychosomatik geschlagen was einen neuen Blickwinkel auf die Patient-Arzt-Beziehung ermöglicht. Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass dieses Werk eine spannende und informative Lektüre für alle Bereiche der Medizin darstellt.