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Buchrezension „Sterben – Zwischen Würde und Geschäft“

Buchrezension „Sterben – Zwischen Würde und Geschäft“

Erster Eindruck

Dr. Günther Loewit’s neues Buch „Sterben – Zwischen Würde und Geschäft“ befasst sich mit einem Thema, über das in der Öffentlich nur allzu gerne geschwiegen wird – dem Prozess des Sterbens. Der Autor kritisiert den derzeitigen Umgang mit dem Tod. Mit dutzenden, von ihm erlebten, Fallbeispielen zeigt der skeptische Mediziner auf, dass von unserer Gesellschaft nicht nur die Kultur des Sterbens verlernt worden ist sondern auch der Tod aus der Wirklichkeit verbannt wurde. Im Fokus seiner Arbeit stehen die aus seiner Sicht oftmals aufgezwungenen lebensverlängernden Maßnahmen, oder anders gesagt, die Geschäftemacherei mit der Angst vor dem Tod.

Inhalt

Alljährlich sterben in Österreich rund 80.000 Menschen. „Unter Protest“, denn der Tod wurde zum Feindbild erklärt, das Sterben als medizinisch-gesellschaftliches Versagen definiert. Daher wird bis zum letzten Augenblick um eine Verlängerung des Lebens gekämpft – um jeden Preis und egal welche körperlichen oder seelischen Schmerzen dies dem Sterbenden und seinen Angehörigen verursacht.

Der medizinische Fortschritt lässt heute nahezu jede Krankheit heilbar erscheinen. Mit modernen Behandlungsmethoden erkämpfen wir uns immer mehr Lebenszeit. Doch welchen Preis zahlen wir dafür? Bedeutet ein längeres Leben automatisch ein besseres? Haben wir verlernt, den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren?

Mit Leidenschaft fordert der engagierte Mediziner Loewit: „Wir müssen weg vom Normieren und Reglementieren. Stattdessen müssen wir wieder ‚Augen-Blicke‘ haben, miteinander reden und einander zuhören lernen. Auch und gerade im Umgang mit alten und sterbenden Menschen.“ Allerdings werde das nur möglich sein, wenn man die Medizin wieder den Patienten und ihren Ärzten zurückgibt.

90 Prozent aller Menschen wollen laut Umfragen zu Hause sterben und doch stirbt letztlich mehr als die Hälfte von ihnen im Krankenhaus oder Pflegeheim. Menschlich abgeschoben, vom System aber unter Aufbietung exorbitanter finanzieller Mittel ungefragt am manchmal nur noch qualvollen Leben erhalten.

Fazit

Loewit greift ein brisantes Thema auf: Sein Buch „Sterben“ ist ein 328 Seiten starkes Plädoyer für Ehrlichkeit, Respekt und menschenwürdige medizinische Begleitung in der letzten Lebensphase. Der Tod soll, vergleichbar mit der Geburt, ein natürlicher und würdevoller Prozess sein. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis veranschaulichen die derzeitige Situation und stimmen zum Teil nachdenklich.

Alles in allem ist das Buch sowohl für medizinische Laien als auch berufserfahrene Mediziner als spannende Lektüre, die das Potential hat den eigenen Blickwinkel zu weiten, sehr zu empfehlen.

Autor

Günther Loewit, geboren 1958 in Innsbruck, lebt und arbeitet als Allgemeinmediziner, Gemeindearzt und Schriftsteller in Marchegg, Niederösterreich. Langjähriges Engagement als Ärztekammerrat, Vorsitzender des Schlichtungsausschusses der Ärztekammer und Laienrichter am Arbeits- und Sozialgericht. Publikationen zu medizinischen und medizinphilosophischen Themen in Ärztezeitschriften, daneben literarische Publikationen seit 2004