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Österreichische Turnusärzteausbildung nur befriedigend?!

Österreichische Turnusärzteausbildung nur befriedigend?!

Im August des Vorjahres erfolgte der Startschuss für eine österreichweite Evaluierung der Turnusausbildung. Das von der Bundeskurie Angestellte Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer initiierte Projekt läuft noch bis Herbst 2014. Bereits über 6.100 Turnusärztinnen und -ärzte wurden eingeladen, an der Online-Umfrage teilzunehmen. Die hohe Beteiligung bestätigt das Interesse der jungen Ärzte an einer guten Ausbildung und zeigt Verbesserungspotenziale auf.

"Die Durchschnittsnote auf der Schulnotenskala ist 2,79 und damit lediglich befriedigend", fasste der Vizepräsident der ÖÄK und Obmann der Bundeskurie, Harald Mayer, in einer Pressekonferenz am Mittwoch die Ergebnisse im Kern zusammen. "Die jungen Kolleginnen und Kollegen sind zwar mit viel Freude bei der Sache, arbeiten aber jetzt schon häufig am Limit. Sie brauchen berufliche Perspektiven, ansonsten werden viele von ihnen ins Ausland abwandern oder den Arztberuf gar nicht ausüben", hielt der Kurienobmann fest. Auch grundsätzliche Änderungen in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner und eine Förderung der Lehrpraxen seien längst überfällig. Und: "Die Turnusärzte dürfen nicht zu Systemerhaltern verkommen", wiederholte Mayer eine Forderung der Bundeskurie. Mayer: "Auch Bundesländer mit guten Bewertungen haben mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen, einfach, weil die beruflichen Rahmenbedingungen im Ausland oft besser sind."

Hohe Beteiligungsquote

Die Ergebnisse der laufenden Evaluierung - das Projekt soll noch zwei weitere Jahre durchgeführt werden und im Herbst 2014 enden, um möglichst alle Abteilungen und Ausbildungsabschnitte abzudecken - seien repräsentativ, so Mayer weiter. Insgesamt seien von August 2011 bis August 2012 2.710 Turnusärztinnen und -ärzte der schriftlichen Einladung des Ärztlichen Qualitätszentrums gefolgt und hätten den Online-Fragebogen ausgefüllt. "Das entspricht einer Teilnahmequote von 44 Prozent", hielt der Bundeskurienobmann fest. Die rege Beteiligung zeige ein entsprechend hohes Interesse der Turnusärzteschaft an ihrer Ausbildung und an ihrer Arbeitssituation, ergänzte Karlheinz Kornhäusl, stellvertretender Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Obmann der Bundessektion Turnusärzte. Noch höher sei die Beteiligungsquote nach Wiedereinladung gewesen: 78,42 Prozent hätten den Online-Fragebogen nach Absolvierung einer weiteren Abteilung neuerlich ausgefüllt. Ziel sei es, langfristig noch aussagekräftigere Auswertungen für noch mehr Abteilungen zu erhalten.

Positiv beurteilt: Lehrpraxen

Bewertet wurden in der österreichweiten Umfrage auch die Lehrpraxen - und zwar überwiegend gut. "Das zeigt, dass das Konzept aufgeht und die Arbeit im Praxisalltag für die Kolleginnen und Kollegen extrem wertvoll und wichtig ist. Die Lehrpraxen sollten daher von der Politik unbedingt gefördert werden", forderte Kornhäusl. Es sei grundverkehrt, an der Ausbildung zu sparen. Kornhäusl: "Wenn wir Geld für Mammutprojekte wie ELGA haben, dann werden sich ja wohl auch fünfzehn Millionen jährlich für die Ausbildung des medizinischen Nachwuchses ausgehen."

Unerlässlich sei auch ein Ausbau des Bedside Teachings. "Wir können aus den Ergebnissen ablesen, dass Abteilungen, in denen Bedside Teaching praktiziert wird, besser abgeschnitten haben als Abteilungen, in denen diese Methode nicht angewandt wird. Der Lernerfolg wurde auch als besser eingestuft", fasste Kornhäusl die Vorteile zusammen. Ziel der Evaluierung sei es, konkrete Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Kornhäusl: "Wir wollen nicht nur kritisieren, sondern konstruktive Vorschläge machen." Durch die länderspezifische Auswertung sei es den Ländern bzw. Spitalsträgern möglich, die Ausbildung gezielt zu verbessern. "Die Evaluierung ist insofern auch ein wichtiges Instrument für die Krankenhausträger", so Mayer und Kornhäusl.

Daten und Fakten

  • Seit August 2011 wurden bereits 6.163 Turnusärztinnen und -ärzte eingeladen an der Umfrage teilzunehmen. 2.710 Turnusärztinnen und -ärzte folgten der Einladung. Das entspricht einer Beteiligungsquote von 44 Prozent.
  • Evaluiert wird jeweils zeitnahe nach Abschluss eines Ausbildungssegments. Das System der kontinuierlichen Bewertung wird sehr gut aufgenommen. Zwischen August 2011 und August 2012 wurden 3.300 Wiedereinladungen verschickt. 78,42 Prozent bewerteten auch mindestens eine weitere Abteilung nach Abschluss der jeweiligen Ausbildungseinheit.
  • Turnusärztinnen und -ärzte, die den Fragebogen noch nicht ausgefüllt hatten, erhielten bis zu drei Erinnerungsschreiben per Mail. Bei den Wiedereinladungen wurde dasselbe System angewandt.
  • Die Befragung erfolgt über einen Online-Fragebogen, erstellt auf Basis bereits erprobter Fragebögen und der inhaltlichen Expertise durch die Turnusärztevertreter.
  • Die Unabhängigkeit und Anonymisierung der Ergebnisse wird durch die Durchführung der Befragung durch das Ärztliche Qualitätszentrum gewährleistet.
  • Um sicherzustellen, dass eine Abteilung von jedem Turnusarzt nur einmal bewertet werden kann, werden jeweils individuelle Zugangslinks generiert und per E-Mail verschickt.
  • Die Evaluierung erfolgt nach einer österreichweit einheitlichen Methodik. Dadurch stehen für die Interpretation der Ergebnisse Vergleiche auf Bundes- und Landesebene zur Verfügung.